JÜTERBOG

ARCHÄOLOGIE

Seit 2015 begleiteten mehrjährige archäologische Ausgrabungen die Sanierung der Bundesstraße 102 durch Jüterbog. Das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologische Landesmuseum (BLDAM) hat die Ausgrabungsarbeiten im Auftrag der Stadt Jüterbog durchgeführt. Hier werden ausgewählte Ergebnisse und hervorragend erhaltenene Befunde von vier Standorten im Stadtgebiet präsentiert.

 

Zwischen den Toren: Stadtarchäologie entlang der Großen Straße und Pferdestraße

Blick vom Turm der Nikolaikirche auf den 2017 freigelegten Bohlenweg vor dem Turm des Neumarkttores (Foto M.A. Rocco Soto, BLDAM)

Von diesem als ehemalige Schlesische Straße von Magdeburg in die östlichen Reichsteile führenden Fernhandelsweg zeugen in der Stadt drei übereinander angelegte und hervorragend erhaltene Bohlenwege. Die bis zu 4 m breiten Holzstraßen des späten 12. und des 13. Jahrhunderts waren aus Kiefernbohlen gefertigt, die auf mächtigen Unterzügen lagen. Seitlich sorgten Entwässerungsgräben und hölzerne Wasserrinnen für eine trockene, gut befahrbare Straße. Tief eingedrückte Karrenspuren, Funde von Wagenrädern, Wellenhufeisen und Schuhledern bezeugen einen regen Verkehr. Die ausgebaute Straße endete am Heilig-Geist-Platz vor dem westlichen Stadttor, dem Dammtor.

Seitlich des im Mittelalter viel engeren Straßenraumes reihten sich die Parzellen auf. Dort erfassten die Grabungen die Bauflucht von Ständerbauten. Von ihnen waren noch die aufgereihten Schwellsteine der Holzhäuser, mit Hölzern ausgesteifte Kellergruben und einfache Vorratsgruben erhalten.

Steinkeller, die zum typischen Bild mittelalterlicher Städte gehörten, wurden nicht entdeckt. Vielleicht lagen sie im rückwärtigen Bereich der teilunterkellerten Gebäude. Drei Feldsteinbrunnen und seit dem 17. Jahrhundert auch hölzerne Wasserleitungen sorgten für die Wasserversorgung.

Entlang der Holzstraße, nahe des 1287 erwähnten Kaufhauses, dem heutigen Rathaus, reihten sich einfache Marktbuden auf. In diesen „Schrangen“ boten Händler ihre Waren am Rande der Fernhandelsstraße feil. Wahrscheinlich sind diese Holzbuden mit den Markt- und Stapelrechten verbunden, die der Stadt Jüterbog 1174 im Stadtrecht verliehen wurden.

Joachim Stark, Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum

Drei massive, miteinander verkämmte Unterzüge trugen die Spaltbohlen des Wegebelages. (Foto J. Stark, BLDAM)
Ausgrabungsplan der zweiten Bauphase des um 1200 erbauten Bohlenweges mit Unterzügen und Belagbohlen aus Eichenholz (Plan J. Jones, BLDAM)

Die Heiliggeistkapelle, eines der ältesten Gebäude Jüterbogs

Ansicht der Heiliggeistkapelle vor den Türmen des Dammtores auf einer Lithografie nach C. Patschke, 1846 (Stadt Jüterbog)
Hervorragend erhaltene Bohlenwege des späten 12. und des 13. Jahrhunderts, ein ausgedehntes Entwässerungssystem aus Gräben und Holzrinnen und die seitliche Bebauung mit Kellergruben prägten ein enges mittelalterliches Straßenbild.

Hier auf dem Heilig-Geist-Platz wurde das Feldsteinfundament der Heiliggeistkapelle gefunden und ihr Grundriss nach dem archäologischen Befund im Straßenpflaster nachgezeichnet.
Der 23 x 10 m große Saalbau ist bereits 1173 in einer Urkunde des Magdeburger Erzbischofs Wichmann erwähnt. 1221 geweiht, diente sie als Hospital- und Armenkirche, später als Lager und als Kanonenschuppen. 1875 endete ihre wechselvolle Geschichte in einem Brand. Siehe hierzu den Auszug aus der „Chronik der Stadt Jüterbog“ von Erich Sturtevant.

Auf dem umgebenden Siechenfriedhof des Hospitals konnten 84 Gräber dokumentiert werden. Die Bestatteten aus fünf Jahrhunderten lagen in einfachen Holzsärgen. Anthropologische Untersuchungen zeigen, dass die Menschen zu Lebzeiten an vielfältigen Erkrankungen, darunter Frakturen, Deformierungen und Tuberkulose, gelitten haben. Die meisten Verstorbenen waren Erwachsene im Alter von über 40 Jahren, aber auch Jugendliche fanden hier ihre letzte Ruhe.

Joachim Stark, Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum
Ausgrabungsplan mit dem Kapellengrundriss und angrenzenden, mehrlagigen Bestattungen des Hospitalfriedhofes (Plan M. A. Soto Roco, M. Schlegel, BLDAM)
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Außerhalb der Stadtmauern: Die Schloßstraße im ältesten Stadtteil Jüterbogs

Karte von Jüterbog mit Resten der Burg von 1813 (Ausschnitt aus: http://tudigit.ulb.tu-darmstadt.de/show/K5408/0001)
Aus historischen Quellen ist bereits bekannt, dass sich im Bereich des Schloßparks eine slawische Burg befand, die im Laufe der Jahrhunderte als erzbischöfliche-magdeburgische Burg und später als Schloß genutzt wurde. Von diesem Bau waren jedoch bereits Mitte des 19. Jahrhunderts nur noch Fundamentreste und ein Erdhügel vorhanden.

Allerdings konnte hier am Schloßpark, außerhalb der Stadtmauern, ein vierfaches Wallgrabensystem nachgewiesen werden. Es hatte eine Ausdehnung von ca. 170 m und eine Breite von mindestens 6 bis ca. 15 m. Alle Hölzer stammen aus der 2. Hälfte des 12. oder Anfang 13. Jahrhunderts. Das Wallgrabensystem wurde um 1315/1321 aufgegeben.
Aus einem umgebenden Wassergraben wurde ein Trinkstiefel aus dem 15. oder 16. Jahrhundert geborgen. Über diesen Graben führten zwei Brücken am östlichen und westlichen Ende des Schloßparks (Schloßstraße 95a und Schloßstraße 91). Sie stammen beide aus dem 16. Jahrhundert.

Etwas weiter östlich, gegenüber von „Am Spring“, wurden Fundamentreste freigelegt, die vermutlich zur Vorburg des Schlosses gehörten und aufgrund der Keramikfunde in die letzte Nutzungsphase der Residenz, in das 18. und das 19. Jahrhundert, zu datieren sind. Heute zeugen nur noch der Straßenname und der Schloßpark von der einstigen Anlage.

Katharina Rothe, Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum
Zeichnung der Ruine der Burg, 1872 (Zeichnung M. Weßlau)
Ausgrabungsplan mit dem Verlauf des vierfachen Burggrabensystems unter der Schloßstraße (Plan D. Acosta, M. A. Soto Roco, BLDAM)

Außerhalb der Stadtmauern: Handelsweg im ältesten Stadtteil Jüterbogs

Es wurde auch ein Teilstück der Dennewitzer Straße (L 81) begleitet. Um auf dieser Straße trockenen Fußes in die Stadt zu gelangen und Waren feilbieten zu können, führte ein mehrlagiger Bohlenweg durch die Niederung der Dennewitzer Straße. Es lassen sich viele Parallelen zum Bohlenweg in der Altstadt ziehen. Diese Holzstraße stammt aus dem späten 12. und dem 13. Jahrhundert und war etwas mehr als 4 m breit. Die Holzstraße hatte ebenfalls einen seitlichen Entwässerungsgraben. Pferde- und Ochsengespanne waren die wichtigsten Transportmittel dieser Zeit, wie die tief in die Kiefernbohlen eingedrückten Fahrspuren belegen. Darüber hinaus wurden auch hier Wellenhufeisen, ein Reitersporn mit Lederriemen, eine vollständig erhaltene Bügelschere und mehrere Lederfragmente gefunden. Alle Funde zeugen von einer starken Frequentierung der Straße und einem blühenden Handel im 12. und 13. Jahrhundert. Trotz der mehrlagigen Bohlenschichten schützten sich manche Händler und Käufer vor schmutzigen und nassen Füßen, aber auch vor Kälte und Abnutzung der Schuhe, indem sie Unterschuhe aus Holz unter ihre Lederschuhe zogen. Eine solche „Trippe“ mit Lederresten wurde an der Kreuzung von Dennewitzer Straße und Teichstraße gefunden, wo es besonders schlammig und morastig war.

Im Bereich der Dennewitzer Straße 7 wurden das einzige fast vollständige Gefäß, eine kleine Tasse und mehrere Webgewichtfragmente gefunden. Die Funde stammen aus urgeschichtlichen Siedlungsgruben und können dem Lausitzer Kulturkreis zugeordnet werden. Sie sind ca. 2800 Jahre alt.

Eine hölzerne Konstruktion, die ebenfalls der Entwässerung diente, wurde an der Kreuzung am Blanken Teich freigelegt. Es handelt sich um eine massive Holzdrainage, die mit Feldsteinen unterschiedlicher Größe und Pfosten an den Seiten eingefasst war.

Katharina Rothe, Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum
Blick in Richtung Liebfrauenkirche auf den im Jahr 2022 freigelegten Bohlenweg in der Dennewitzer Straße (Foto K. Rothe, BLDAM)

Weitere Informationen aus der Publikation "Archäologie in Berlin und Brandenburg"

Kontakt

Stadt Jüterbog
Bauamt
Franziska Kühner
Stadtsanierung, Städtebauförderung
Mönchenkirchplatz 1
14913 Jüterbog

Tel.: 03372 463354
E-Mail: bauamt@jueterbog.de

Treuhänderischer Sanierungsträger der Stadt Jüterbog
DSK GmbH
Tania Gianneli
Gertraudenstr. 20
10178 Berlin

Treuhänderischer Sanierungsträger der Stadt Jüterbog
Bruckbauer & Hennen GmbH
Anja Bruckbauer
Schillerstraße 45
14913 Jüterbog

B.B.S.M. Brandenburgische Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung mbH
Alexandra Valentin,
Vivienne Graw
Behlertstraße 3a Haus G
14467 Potsdam